Freitag, 7.
September 2007
Heute
werden wir die Grenze nach Kolumbien überqueren. Kolumbien ist eines der
abwechslungsreichsten und interessantesten Länder Süd Amerikas. Es finden sich
hier alle Klima und Vegetationszonen des
Kontinents, das Land wird von drei Kordilleren durchzogen und unsere Reise wird
uns über einige tausend Meter hohe Bergpässe in dampfend heiße Regenwälder und
brodelnde Großstadtmetropolen führen.
Kolumbien
ist jedoch auch das Land der Drogenkartelle und der Guerillas. Momentan werden
immer noch rund 40 Prozent! des Landes von paramilitärischen und zumeist
subversiven Kräften wie der FARC(Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) und
der ELN(Ejercito de Liberacion
Nacional) kontrolliert. Dadurch, dass die Rebellen
durch die Veränderung der weltpolitischen Großwetterlage ihre Unterstützung
durch Russland und Kuba verloren haben, spezialisieren sie sich nunmehr
vermehrt auf Drogenhandel und
Entführungen um ihren bewaffneten Kampf zu finanzieren.
Das sind
freilich höchst einträgliche Geschäfte, wenn man bedenkt, dass die Produktion
kolumbianischen Kokains in etwa 80 Prozent des Weltmarktes ausmacht und die
geschätzten Einnahmen aus diesem illegalen Großgeschäft jährlich rund 4
Milliarden Euro betragen.
Die
Menschen Kolumbiens gehören zu den herzlichsten und freundlichsten der Welt,
wir werden jedoch unsere Augen offen halten und Überlandfahrten bei Nacht auf
jeden Fall unterlassen.
Der
Grenzübertritt verläuft schnell und freundlich. Die Soldaten sind so begeistert
von uns und unseren Motorrädern, dass sie uns nicht passieren lassen ehe wir
ein Foto mit ihnen machen. Kolumbien wir kommen!
Den
heutigen Abend verbringen wir in der kleinen Stadt Pamplona. Der Hotelbesitzer
besteht darauf, dass wir die Motorräder vor unserem Zimmer parken und dazu
müssen wir erst einmal das hauseigene Restaurant durchfahren.
Sehr zur
Freude der anwesenden Gäste, die aufstehen und uns herzlich willkommen heißen!
Samstag, 8.
September 2007
Als wir
entspannt über die Highways des Landes steuern erleben wir bald die erste
freudige Überraschung. Im Gegensatz zu Venezuela gibt es wieder richtige
Obsthändler am Straßenrand und die kurzen Fahrpausen werden zum
Einkaufsvergnügen.
Freilich
hat Kolumbien auch sonst noch einiges zu bieten. Wenn wir anhalten umringen uns
begeistert die Leute und besonders die hübschen Mädchen scheinen hier eine
Schwäche für weitgereiste Motorradfahrer zu haben.
Selten kommen wir ohne Erinnerungsfoto davon. Da fühlt man sich fast wir der
junge Che Guevara, herrlich!
Auch die
zahlreichen Straßensperren werden meistens zur angenehmen Abwechslung. Wenn uns
die Polizisten sehen klopfen sie uns begeistert auf die Schultern und wünschen
uns eine gute Reise. Viele Ausländer kommen nicht mit dem Motorrad nach
Kolumbien und offenbar beeindruckt unsere Abenteuerlust sogar die Polizei.
Gegen Abend
kommen wir in San Gil an. Die kleine Stadt liegt in den Bergen und neben einer
wunderschönen Laufstrecke für mich, finden wir auch ein
irrsinnig nette Herberge.
Die
Motorräder parken wir vor unseren Zimmern und im überdachten Innenhof gibt es
freies Wireless Lan und
gratis Kaffee. Die Nacht wird lang!
Sonntag, 9. September - Montag, 10 September 2007
Wir schauen uns die Stadt an und machen einen Ausflug in den Nationalpark der Flussauen. Die Bäume sind hier mit silbernen, bartähnlich wirkenden Flechten behangen, sogenannten „Barbas de Viejo“.
Diese Form der Vegetation bietet Unterschlupf für unzählige Insekten und Mikroorganismen und stellt ein einzigartiges Ökosystem dar.
Dienstag, 11 September 2007
Als wir in der Früh die Motorräder starten brennt plötzlich die Elektrik an Chris Maschine ab.
Anscheinend hat ein loser Kontakt am Scheinwerfer Metal berührt und dadurch den Kabelbaum durchgeschmort.
Seit meiner „Feuertaufe“ in Westafrika, wo mir damals das gleiche passiert ist, ist so etwas so ziemlich mein größter Alptraum. Man steht mitten auf der Strasse und gar nichts geht mehr.
Uns bleibt nichts anderes über als die Maschine in die Herberge zurück zu schieben und mit der mühsamen Reparatur zu beginnen. Ein Kabel nach dem anderen wird herausgeschnitten und durch ein neues ersetzt.
Nach 10 Stunden ist endlich der ganze Salat repariert und der neue Kabelbaum verlegt. Einzig das Startrelais ist nicht mehr zu retten und wir entscheiden uns den Starter einfach kurz zu schließen. Chris hat jetzt zwei Kabel aus seinem Motorrad herausstehen und jedes Mal wenn er starten will, muss er einfach die beiden Enden kurz miteinander verbinden.
Mittwoch, 12. September 2007- Donnerstag, 13. September 2007
Heute klappt die Abreise problemlos. Wir fahren durch wunderschöne Berglandschaften und gegen Nachmittag erreichen wir Vila de Leiva.
Die ehemalige Kolonialstadt wurde 1572 gegründet und bietet dem Reisenden eines der besterhaltenen Stadtbilder des Landes.
Freitag, 14. September 2007
Auf dem Weg nach Bogota kommen wir durch die kleine Stadt Zipaquira. Diese Region ist bekannt für ihre Salzbergwerke und die weltberühmte Salz Kathedrale, eine in den Bergwerksstollen gehauenen, unterirdische Kirche, die Platz für 1800 Menschen bietet.
Die Kathedrale ist ein beeindruckendes Kunstwerk und ein Ort mit mystischer Atmosphäre.
Eine Tafel erinnert zum Gedenken an die Arbeiter die beim Bau ihr Leben ließen.
Wenn die unzähligen Stauen und Engel im Licht erstrahlen glaubt man sich an einem unwirklichen Ort.
Samstag, 15. September 2007
Heute erreichen wir die Hauptstadt Kolumbiens. Das auf 2600m gelegene Bogota empfängt uns mit überraschend wenig Verkehr und wir finden eine angenehme Herberge in der wir einige Tage verbringen werden um uns die Stadt anzuschauen.
Nach Wien muss man auch Bogota bei Nacht gesehen haben. Der 162 Meter hohe Mirador Torre Colpatria erstrahlt im Scheinwerferlicht und gibt der Skyline der Stadt ein futuristisches Bild.
Sonntag, 16. September 2007
Zum Osten hin erstreckt sich der Cerro de Monserrate. Bogotas Hausberg bietet einem eine herrliche Aussicht über die riesige 8 Millionen Metrople
An einem Sonntag ist man hier selbstverständlich nicht alleine und mein Versuch hinaufzulaufen scheitert kläglich in der Menschenschlange. Tausende Menschen und Pilger wandern über den recht steilen Pfad hinauf zur Kirche um die Statue des Senor Caido (gefallenen Christus) zu sehen, um die sich zahlreiche Legenden ranken.
Montag,
17. September 2007
Heute gehe
ich zum Doktor. Ich habe seit ungefähr einer Woche einen Ulcus (offene
Hautstelle) an meinem Bein, der trotz korrekter Wundversorgung anscheinend
keinen Heilungsfortschritt erkennen lässt.
Wie es
aussieht, handelt es sich zum Glück nur um eine Bakterieninfektion die ich
selber mit antibiotischer Salbe gut behandeln kann
und nicht um eine kompliziertere parasitäre
Infektion.
Während ich
meinen Arztbesuch erledige wird Chris beinahe zum Opfer eines Raubüberfalls.
Als er in der Innenstadt die Kamera zückt um ein Foto zu machen, versucht ein
Dieb ihm diese zu entreißen. Zum Glück ist er schneller und kann sie gerade
noch festhalten!
Freilich,
Bogota ist nicht unbedingt einer der sichersten Plätze der Erde. Man muss
ständig die Augen offen halten.
Dienstag,
18. September 2007
Nach den
eher mäßigen Erfahrungen mit den Taschendieben der Hauptstadt machen wir uns
auf den Weg nach La Dorada. Die kleine Stadt liegt in
einem fruchtbaren Tal und von hier aus werden wir morgen versuchen die
Cordillera Zentral auf einer Nebenstrasse zu überqueren.
Mittwoch,
19. September 2007
Die schmale
Piste wird kaum befahren und führt durch tropische Täler und atemberaubende Berglandschaften. Ganz
unbedenklich ist die Landschaft jedoch nicht!
Bei
genauerer Betrachtung findet man an den Berghängen immer wieder vereinzelt
liegende Bauerhäuser und Gehöfte. Mehrmals täglich kreisen Militärhubschrauber
über den Gebirgszügen und kontrollieren was die Landwirte wirklich anbauen und
ernten. Durch die Isolation und weitgehende Armut der Bauern in den inner
alpinen Regionen, ist die Verlockung groß auf ein gewinnbringenderes
Agrarprodukt umzusteigen. Die Kokapflanze.
Die
Regierung investiert jährlich hunderte Millionen in ihren Kampf gegen die
Guerillas und Drogenschmuggler. In den weitläufigen Gebirgsregionen kann sie
trotzdem nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der giftigen Ernte ausmachen
und zerstören. Die dichten Nebel hüllen die Täler in graue Schleier und
Bewegungen am Boden sind fast unmöglich wahrzunehmen.
Den
heutigen Abend verbringen wir in Florencia, einem
kleinen Bergdorf. Aufgrund der ständigen Bedrohung durch die Guerillas patrouilliert
das Militär in Schützengruppen durch die Strassen und an strategisch wichtigen
Punkten sind MG und Granatwerferstellungen aufgebaut.
Als wir die
Motorräder am Hauptplatz abstellen, werden wir vom Kommandanten genau nach
unseren Reiseplänen befragt und er empfiehlt uns die Nacht auf jeden Fall im
Dorf zu verbringen. Nun, was anderes hatten wir auch nicht vor!
Für die
Menschen hier ist das Leben alles andere als einfach inmitten der Fronten des
bewaffneten Konfliktes. Niemand weiß genau wer wirklich auf welcher Seite
steht. Zu verlockend ist es für viele auf den Zug mit dem illegalen
Millionengeschäft aufzuspringen und die auf Drogenhandel spezialisierten
Rebellen werden nicht müde immer wieder neue Handlanger aus der
Gebirgsbevölkerung zu rekrutieren
Donnerstag,
20. September 2007
Wir
verlassen das verschlafen wirkende Dorf im Morgennebel und verabschieden uns
von den freundlichen Menschen. Viele der Dorfbewohner hatten wir gestern Abend
kennen gelernt und sie wünschen uns heute eine gute Weiterreise.
Die
rustikale Piste führt uns dann wieder hinab ins Tal und gegen Abend erreichen
wir Medellin. Hier werden wir einige Tage bleiben.
Freitag,
21. September 2007 – Sonntag, 23. September 2007
Medellin,
die Hauptstadt der Provinz Antioquia, ist eine sehr
moderne und wohlhabende Stadt. Die drei Millionen Metropole
liegt in einem Tal auf 1700 Meter Höhe, inmitten der Cordillera Central.
Zum Beginn
des 20. Jahrhunderts brachte der Kaffeehandel der Stadt ihren ersten großen
Aufschwung. Anfang der 80er Jahre erlangte Medellin dann traurige Berühmtheit
durch das Drogen Kartell um Pablo Escobar. Seine eigene, offizielle Partei
wurde 1982 sogar in den Kongress gewählt, doch durch immer strenger werdende
Gesetze der Regierung gegen den Drogenhandel erklärte Escobar schließlich dem
Staat den Krieg und eine verheerende Serie von terroristischen Anschlägen nahm
ihren Lauf.
Eine
daraufhin gebildete, 1500 Mann starke Sondereinheit war fast zwei Jahre lang damit
beschäftigt den Boss des Kartells ausfindig zu machen. 1993 wurde Escobar in
Medellin erschossen, doch noch heute gilt er für viele als Held. Ihm war die
Wichtigkeit der öffentlichen Meinung stets bewusst und er investierte nicht
zuletzt darum immer wieder Teile seines Vermögens in gemeinnützige Projekte und
Infrastrukturprogramme. Durch seinen Tod haben sich die Probleme mit dem
Drogenhandel nicht gebessert. Trotz schärfster Interventionen der Regierung
haben längst die Guerillas und Para Militärs den
Markt übernommen und damit ist die Situation für die Bevölkerung nicht gerade
ungefährlicher geworden.
Sehenswert
ist natürlich das Zentrum von Medellin. Auf dem Plazoleta
de las Esculturas, direkt neben der Basilica de la Candelaria findet
man eine riesige Ausstellung von Fernando Botero, Kolumbiens bekanntestem
zeitgenössischen Künstler.
Montag, 24.
September 2007
Heute
setzen wir unsere Reise wieder fort. Bevor wir die Tiefebenen des Nordens
erreichen müssen wir noch einmal über die Berge. Die kurvenreiche Strasse führt
durch grüne Almen und die milden Temperaturen auf 2500 Meter machen die Fahrt
sowie das abendliche Lauftraining zum Vergnügen.
Dienstag,
25. September 2007
Schöner
wird’s Mopedfahren eigentlich nicht mehr, auf
makellosem Asphalt und endlos vielen Kurven durchqueren wir die nördlichen
Ausläufer der Kordilleren.
Mittwoch,
26. September 2007
Heute erreichen
wir die Küste und damit Cartagena. Cartagena de India
ist unsere letzte Station am Süd Amerikanischen Kontinent. Wir werden hier
einige Tage verbringen bis wir ein Segelboot finden, das uns und die Motorräder
sicher nach Panama bringt.
Die 1533 gegründete
Stadt war einst Spaniens wichtigster Hafen in der neuen Welt und ist heute noch
ein lebendes Museum.
Rund um die
historische Altstadt zieht sich eine riesige Festungsmauer, die einst die
Aufgabe hatte die zahlreichen Piratenattacken abzuwehren.
Die
schlimmsten und bekanntesten dieser Belagerungen erfolgten 1586 durch Francis
Drake und 1741 durch Edward Vernon. Cartagena war ein lohnendes Ziel, die Spanier
lagerten hier Gold und Schätze von ihren Plünderzügen am Kontinent und verluden
sie im Hafen auf Schiffe in die Heimat.
Die
Altstadt besteht zum Großteil immer noch aus sehr gut erhaltener Spanischer
Architektur des 16. und 17. Jahrhunderts und ist mit ihren schmalen Gassen und
belebten Plätzen ein Platz mit großartiger Atmosphäre.
Die Abende
verbringt man in Cartagena am besten im Cafe del Mar.
Dieser angenehme Club liegt mitten auf der Festungsmauer und bietet einem bei
Nacht einen herrlichen Ausblick.
Von
Cartagena geht es weiter mit dem Schiff nach Zentral Amerika. Es ist praktisch
unmöglich mit dem Motorrad auf dem Landweg von Kolumbien nach Panama zu fahren.
Hierzu müsste man die Darien Sümpfe durchqueren und
dieses Gebiet wird zur Gänze von Guerillas kontrolliert die den Drogenschmuggel
nach Nord Amerika organisieren. Wir nehmen also lieber ein Segelschiff.
Durch etwas
Glück treffen wir auf Ludwig und seine „Stahlratte“. Ludwig ist ein deutscher
Kapitän und mit seinem Zweimaster über die San Blas Inseln unterwegs nach
Panama.
Sein Boot
ist fast 40 Meter lang und so ist es kein Problem uns mitsamt der Maschinen mitzunehmen.
Donnerstag,
4. Oktober 2007
Heute
machen wir uns daran die Motorräder zu verladen. Dadurch, dass die Stahlratte
so groß ist können wir die Bikes nicht direkt vom
Steg an Bord bringen, sondern müssen sie zuerst in ein Beiboot verladen.
Den
Hinterreifen voran geht es ins Schlauchboot...
Und
schließlich mittels Flaschenzug an Bord!
Gegen Abend
sind die Maschinen sicher am Schiff vertaut und wir
verabschieden uns von der Skyline von Cartagena.
Freitag, 5.
Oktober 2007
Als wir
heute die Kolumbianischen Gewässer verlassen wollen stoppt uns die Küstenwache.
Die Männer kommen an Bord und durchsuchen 4 Stunden lang das gesamte Schiff.
Zusätzlich nehmen sie von Crew und Passagieren die Fingerabdrücke und
überprüfen die Papiere für unsere Motorräder. Dadurch, dass wir die Maschinen
vorschriftsmäßig beim Zoll ausgeführt haben gibt es keine Probleme.
Mit solchen
Stops ist zwischen Panama und Kolumbien immer zu
rechen. Wir befinden uns auf einer stark frequentierten Schmuggelroute und sehr
viele der Boote transportieren heiße Fracht.
Nach
beendeter Untersuchung entschuldigt sich der Kommandant für die
Unannehmlichkeiten und bittet uns ein Protokoll zu unterschreiben, welches
besagt, dass die Kontrollen korrekt durchgeführt wurden. Selbstverständlich
machen wir ihm gerne diese Freude und nehmen endlich Kurs aufs offene Meer.
Die See ist
ruhig und in der Dämmerung erscheinen die San Blas Inseln am Horizont. Wir
werfen Anker und verbringen unsere erste Nacht in Panama, unter Millionen von
leuchtenden Sternen.