Freitag, 23. Februar 07

 

 

Gegen Mittag erreichen wir die Grenze zur Angolanischen Exklave Cabinda. Die Piste, die den Kongo und Cabinda verbindet gleicht einem Buschpfad. Einsam und verschlungen führt sie durch den Regenwald.

 

Die Geräusche des Urwaldes sind manchmal so laut, dass sie sogar das Brummen des Motors übertönen. In den Bäumen kreischen Affen und ständig begleitet einen die Kakophonie der Vögel aus dem Blätterdach.

 

Irgendwo im Nirgendwo verbringen wir heute den Abend in einem privaten Hotel, das nicht als Solches zu erkennen ist. Draußen vor der Türe stehen schwer bewaffnete Männer und drinnen feiern einige Israelis und Brasilianer ihren Wochenendurlaub. Sie sind im Rohstoff Exportgeschäft tätig.

Man darf nicht vergessen, dass die Exklave Cabinda in Relation zu ihrer Größe einer der rohstoffreichsten Flecken der Erde ist. Besonders wenn es um Öl und Diamanten geht.

Diese Kombination fördert natürlich nicht unbedingt die allgemeine Sicherheit der Region.

 

 

Samstag, 24. Februar 07

 

Cabinda, die Hauptstadt der gleichnamigen Exklave empfängt uns mit Regen. Der ersten Weg führt uns in den Hafen, um zu überprüfen, ob und wann wir ein Schiff nach Luanda, der auf der anderen Seite des Kongoflusses liegenden Haupt- und Hafenstadt Angolas bekommen können.

Natürlich arbeitet am Samstag niemand und das Hafengelände ist geschlossen. Wir fahren also wieder zur katholischen Mission und verbringen dort das Wochenende.

Aufgrund des permanent starken Regens schlage ich mein Zelt auf einer zerstörten Terrasse auf. In Gesellschaft von Millionen Moskitos.

 

 

 

Sonntag, 25. Februar 2007

 

Heute gehe ich gleich mal laufen und schaue mir ein wenig die Stadt an. Die Strassen sind teilweise überflutet und einzig der Hügel auf dem die Kathedrale steht ist einigermaßen als Laufstrecke zu gebrauchen.

 

Als ich am Nachmittag eine Runde mit dem Motorrad drehe um ins Internetcafe zu fahren, erlebe ich eine unangenehme Überraschung. Ich biege in eine Gasse ein und plötzlich steht ein Mann in Uniform vor mir auf der Strasse und bringt sein AK 47 Gewehr auf mich in Anschlag.

Da ich solcherart Begrüßungen bereits aus Nigeria gewohnt bin, bleibe ich sofort stehen und frage höflich was denn passiert sei.

Darauf antwortet der Polizist ich sei gegen die Einbahn gefahren und nebenbei in eine für den Zivilverkehr gesperrte Strasse eingebogen. Durch diese Strasse dürfen nur Regierungsfahrzeuge fahren und das auch nur in eine Richtung. Mein Vergehen wiegt also doppelt schwer. Natuerlich nimmt er mir sofort meinen Reisepass weg und sagt, ich muss mein Motorrad stehen lassen. Mist, ich haette besser aufpassen sollen!

Nach einer halben Stunde Diskussion, unzähligen Entschuldigungen und der freundlichen Unterstützung durch einige Passanten darf ich dann Motorrad und Reisepass behalten, sowie hochoffiziell 7 Euro Strafe bezahlen die ebenso offiziell in die Brusttasche des Beamten wandern. Außerdem wird meine Weiterfahrt aus unerfindlichen Gründen nur mit geschlossener Motorradjacke toleriert, die mir der Polizist höchstpersönlich zuknöpft!

Zum Abendessen fahre ich dann mit dem Taxi.

 

 

Montag, 26. Februar 2007

 

Heute fahren wir wieder in den Hafen. Allerdings ohne Sarah und Steve. Sie haben sich entschlossen es trotz aller Warnungen über die Piste entlang des Kongoflusses zu versuchen. Für uns Motorräder ist ein Überschwemmungsgebiet ein zu großes Risiko.

Als wir ins Büro der Schifffahrtsgesellschaft kommen, werden wir allerdings enttäuscht. Man sagt uns, dass das nächste Schiff erst nach dem Mittwoch ablegt. Diese afrikanische Umschreibung für, wir wissen nicht wann, kann allerdings auch nächste Woche bedeuten.

Etwas unglücklich darüber, noch einige Tage auf dem feuchten Campingplatz und ohne Dusche verbringen zu müssen, fahren wir in den Supermarkt um einzukaufen.

Wie es der Zufall so will treffen wir dort den Manager, der einen Ausweg aus unserer Situation zu wissen scheint. Er meint, wir sollen doch einfach zum Militärflughafen fahren und fragen ob uns eine Transportmaschine mitnimmt.

Gesagt getan, mit dem richtigen Namen des Fluges steuern wir unsere Maschinen zum Flugfeld. Dieses gleicht einer Festung. Als wir zum Eingang kommen verlangen wir den verantwortlichen Offizier für den Lufttransport nach Luanda zu sprechen.

Der Wachposten, der wohl noch nie drei weiße Männer mit so einem Anliegen gesehen hat, traut seinen Augen kaum.

Als er uns sofort des Areals verweisen will, antworten wir ganz selbstverständlich, dass wir auf keinen Fall wegfahren können, da heute Abend eine Transportmaschine geht und wir mitfliegen. Darauf nennen wir den korrekten Namen des Militärfluges, W.I.L. und tun ganz bewusst so als würden wir immer mit angolanischen Militärmaschinen fliegen, wenn wir in der Gegend sind.

Im darauffolgenden Gespräch mit dem zuständigen Offizier einigen wir uns auf den Preis und die Transportkonditionen. 200 US Dollar pro Person und Motorrad, keine Papiere und keine Fragen. Wir fahren das Motorrad selber auf die Maschine und wenn wir in Luanda ankommen verschwinden wir so schnell wie möglich aus der Airbase. Ganz einfach.

Wir nehmen, für Angola traditionell, eine alte russische Propellermaschine.

Die Crew, die aus einigen Russen besteht, öffnet die Transportluke im Rumpf des Fliegers und einer der Männer legt ein Brett als Rampe. Der Niveauunterschied beträgt etwa zwei Meter und als ich beherzt und mit Gas die Rampe nehme steigt mein Vorderrad bedenklich weit in die Luft. Zum Glück finde es im Flugzeug wieder Halt und ich habe soeben meine erste Motorradfahrt an Bord eines Flugzeuges absolviert.

Der Rest der Reise verläuft simpel. Die Maschinen werden an der Wand festgebunden und wir nehmen daneben auf Klappbänken platz, die eigentlich für Fallschirmspringer gedacht sind.

 

 

 

 

 

Als wir in der Nacht Luanda erreichen liegt ein hartes Stück Arbeit vor uns. Wir müssen durch die halbe Stadt fahren, die durch die schweren Regenfälle teilweise überflutet ist, bis wir das Kloster der Franziskaner finden. Das ist nämlich der einzige Platz den wir uns leisten können. Luanda lebt von Geschäftsleuten die entweder in der Öl oder Diamantenbranche tätig sind. Hotelzimmer sind ab 200US Dollar zu haben. Natuerlich pro Person!

Die Nacht verbringen wir erschöpft im Zelt, direkt neben der Kathedrale San Domingo.

 

 

Dienstag, 27 Februar 2007

 

Den heutigen Tag verbringe ich im Kloster und mit etwas Arbeit in der Bibliothek. Wir bekommen die Erlaubnis das Internet zu verwenden und dürfen uns auch sonst wie zu Hause fühlen.

Mit Bruder Adriano unternehmen wir gegen Nachmittag noch eine kleine Stadtrundfahrt. Luanda erlebt gerade eben die schwersten Überflutungen seit Jahren und viele der Strassen sind unpassierbar. Die Kanäle laufen über und die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal.

 

 

 

 

Mittwoch, 28. Februar 07

 

 

Heute geht es weiter. Von Luanda führt eine nagelneue Strasse in Richtung Süden. Die Chinesen sind gerade dabei in Angola das Straßennetz wieder aufzubauen. Dafür gibt es kein Geld sondern Erdöl. Wie fast überall in Afrika, versucht China auch hier die Rohstoffreserven für sich zu sichern und damit seine zukünftige Stärke als vielleicht dominierende Industrienation zu untermauern.

 

 

Sehr oft findet man am Straßenrand rot/weiße Marksteine. Bei näherer Untersuchung weisen sie jedoch nicht auf die Entfernung zur nächsten Stadt hin, sondern sie zeigen ein Minenfeld an. Man darf hier die Straße auf keinen Fall verlassen. Nach dem fast 30! Jährigen Bürgerkrieg sind weite Teile des Landes vermint und immer wieder werden neue Minenfelder entdeckt.

 

 

Gegen Abend schlagen wir dann unser Zelt am Strand auf. Wir fahren zu einer kleinen Farm und fragen ob wir campen dürfen. Die Leute freuen sich über die Abwechslung und versichern uns, dass der Strand auch garantiert frei von Landminen ist.

 

 

 

Der Sonnenuntergang ist absolut grandios und wir verbringen den Abend am Lagerfeuer.

 

 

Donnerstag, 1. Februar 2007

 

Die Landschaft Angolas ist atemberaubend. Der konstante Wind des Atlantiks formte die Küsten zu bizarren Felsformationen.

 

So  manche Kurve der Küstenstrasse ist jedoch nicht ungefährlich, durch die starken Längsrillen im Asphalt kann sogar ein LKW die Bodenhaftung verlieren.

 

 

 

Gegen Nachmittag kommen wir Lobito an, einer kleinen Stadt am Meer. Ab hier ist auch Schluss mit der guten Asphaltstrasse. Was jetzt kommt sind 800km harte afrikanische Piste bis zur Grenze von Namibia.

 

 

Als wir beim Supermarkt anhalten werden wir von einem Mann angesprochen. Er hat unsere Motorräder gesehen und möchte uns gerne kennen lernen. Er meint wir können gratis einkaufen was immer wir wollen, denn heute wir sind seine Gäste.

Das ist mir auch noch nie passiert, ich gehe in ein Geschäft und jemand lädt mich auf den Einkauf ein!

Auch für heute Nacht brauchen wir uns keine Gedanken zu machen, wir können in seinem Haus am Strand, einen privaten Jachtklub übernachten. Er zeigt uns den Weg.

Wir folgen einem nagelneuen Jeep Grand Cherokee und kommen in eine abgelegene Bucht. Dort liegt das schwer bewachte Anwesen. Aufs Meer hinaus sind Suchscheinwerfer gerichtet, am Dacht ist eine Satellitenschüssel und auf der Terrasse eine Videoleinwand. Der hauseigene Fuhrpark besteht aus Jetskis und Schnellboten. 

Ich reibe mir die Augen um sicherzugehen, dass ich nicht versehentlich in Miami Vice gelandet bin.

Doch alles ist echt! Nach einigen Telefonaten unseres Gastgebers kommt ein eilig ein Wagen um die Ecke geschlittert und nein, nicht der Cleaner mit der Salzsäure steigt aus, sondern ein Freund bringt Champagner für uns vorbei. Selbstverständlich auf Eis. Wir sitzen auf der Terrasse, schauen aufs Meer und genießen den Abend. Aus den Lautsprechern blubbert standesgemaess sanfter amerikanischer Gangsterrap. Unser Freund erzählt uns, dass er im Import/Exportgeschäft tätig ist und nächste Woche nach Dubai muss. Er meint, in Angola lässt es sich schön leben, wenn man gut im Geschäft ist. Und, wenn wir möchten, können wir solange bleiben wie wir wollen. Sein Leibwächter passt auf uns auf.

 

 

 

 

Freitag, 2. März 2007

 

Heute morgen breche ich alleine auf. Meine Freunde Taco und Martin möchten noch etwas länger hier bleiben. Ich muss mich jedoch auf den Weg nach Namibia machen, denn ich möchte am Sonntag an der Grenze sein.

Die nächsten drei Tage habe ich eine Auswahl der schwersten Pisten des Landes vor mir. Die Strecke führt zunächst vom Meer in die Berge und ich bekomme schließlich auf den nächsten 800km noch einmal alles zu sehen was afrikanische Strassen zu bieten haben.

Es ist wie ein Test, Afrika bietet noch einmal alles auf, bis ich auf die guten Asphaltstraßen Namibias entlassen werde. 

 

 

 

 

 

 

 

Der Tag beginnt mit zerstörtem Schlaglochasphalt gefüllt mit Regenwasser.

 

Später führt die Piste immer wieder durch Minenfelder. Pausen sind nur auf der Fahrspur möglich.

Dann kommen Abschnitte, die an eine Motocross Strecke erinnern.

 

 

Samstag, 3. März 2007

 

Auch heute geht es in gewohnter Gangart weiter. Die Strasse führt immer wieder an den Spuren des Krieges vorbei.

 

 

Die Fahrt führt über rutschige Erdpisten und durch Nebelfelder.

 

 

 

 

 

Am Nachmittag setzt dann ein Unwetter ein und ich durchfahre die schlimmsten Wasserlöcher seit dem Kongo. Links und rechts explodieren die Biltze am Horizont und die Donnerschlaege haemmern wie ein Trommelfeuer.  

 

 

Bis gegen Abend schließlich feuerrot die Sonne untergeht und dem kleinen Ort, in dem ich übernachte, eine geradezu mystische Aura verleiht.

 

 

 

Sonntag, 4. März 2007

 

 

Es sind noch 200km bis zur Grenze nach Namibia. Ich setze mich auf meine Maschine und bin auf alles vorbereitet. Das letzte Gefecht naht und das beinahe wortwörtlich. Aufgrund der Landmienen treiben die Bauern ihr Vieh gerne über die Strasse. Als ich an einer Stierherde vorbeifahren will, hält mich eines der Tiere für einen Widersacher und versucht mich mit den Hoernern zu rammen! Zum Glück kann ich mich mit Vollgas gerade noch retten. Das war der ersten Moment auf meiner Reise bisher, wo ich mir ein stärkeres Motorrad gewünscht hätte.

 

 

Im nächsten Moment jedoch bin ich wieder froh, dass mein Bike nicht unbedingt das Beschleunigungsstärkste ist. Hinter einer Rechtskurve endet die Piste plötzlich und ohne Hinweis schlagartig in einem Fluss! Mit einer neuen R 1200 GS wäre ich wahrscheinlich gleich auf der anderen Seite gelandet, mit der R 80 nehme ich die Brücke, die sich 100m weiter befindet. 

 

 

Zum Abschluss der heutigen Ausfahrt komme ich noch an einigen zerstörten Panzern vorbei und erreiche gegen Nachmittag schließlich den Grenzposten.

 

Als ich den Männern erzähle, dass ich aus Österreich hier her gekommen bin muss ich ein Foto mit ihnen machen. Wie gewohnt wird die Sache mit einem Lächeln erledigt und etwas erschöpft aber glücklich reise ich nach Namibia ein. Wo mich als letzte Überraschung für heute der Linksverkehr erwartet. Haleluja!